Brandanschlag auf Asylheim im Saarland 1991: BGH entscheidet in zwei Wochen
Mehr als 33 Jahre nach einem tödlichen Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft im Saarland hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe sich damit beschäftigt. Er überprüfte am Donnerstag das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz, das im Oktober 2023 den heute 53 Jahre alten Peter S. wegen Mordes und zwölffachen versuchten Mordes schuldig gesprochen hatte. Eine Entscheidung fiel in Karlsruhe noch nicht - sie soll in zwei Wochen verkündet werden. (Az. 3 StR 149/24)
Bei dem Feuer im September 1991 in der Stadt Saarlouis starb der 27 Jahre alte Samuel Yeboah, ein Bewohner des Hauses. Die übrigen Bewohner konnten sich retten. Teils sprangen sie aus dem Fenster oder liefen über die brennende Treppe. Einige von ihnen wurden verletzt. Yeboah geriet in einer Feuerwand und rief zehn bis 15 Minuten lang um Hilfe, wie das Koblenzer Gericht feststellte. Er wurde aus dem Haus befreit, starb aber im Krankenhaus an seinen schweren Verbrennungen.
Der Anschlag blieb jahrzehntelang unaufgeklärt. Wegen neuer Erkenntnisse wurden die Ermittlungen vor knapp fünf Jahren wieder aufgenommen. Eine Zeugin wandte sich an die Polizei und erzählte, dass sich S. ihr gegenüber bei einem Grillabend mit der Tat gebrüstet habe. "Das war ich, und sie haben mich nie erwischt", soll er gesagt haben. Die Bundesanwaltschaft übernahm den Fall. Anfang April 2022 wurde S. festgenommen.
Nach den Feststellungen des Koblenzer Gerichts verkehrte er in der nationalsozialistisch ausgerichteten Skinheadszene von Saarlouis. Nach einem Treffen mit gleichgesinnten Bekannten in einer Kneipe, bei dem über die rassistischen Ausschreitungen von Hoyerswerda gesprochen wurde, verschüttete er demnach am 19. September 1991 am sehr frühen Morgen Benzin in der Unterkunft und zündete sie an. S. legte ein Teilgeständnis ab.
Zur Tatzeit war er erst 20 und wurde darum nach Jugendstrafrecht zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Gegen das Urteil legten sowohl die Bundesanwaltschaft als auch der Angeklagte sowie vier Nebenkläger Revision beim BGH ein. Bei den Nebenklägern handelt es sich um Bewohner der Unterkunft, die bei dem Brand ihr Leben retten konnten. Sie wollen erreichen, dass S. auch wegen versuchten Mordes zu ihrem Nachteil verurteilt wird.
Dem Oberlandesgericht zufolge ging der Angeklagte in Bezug auf acht Menschen davon aus, dass sich diese rechtzeitig in Sicherheit bringen würden. Sie waren in einem Eckzimmer nahe dem Eingang und feierten einen Geburtstag, als er die Unterkunft anzündete. Darum sah das Koblenzer Gericht für diese acht Fälle keinen Tötungsvorsatz.
Das sei ein Rechtsfehler, argumentierte der Anwalt der Nebenklage nun. Die Bewohner hätten nicht nur durch Flammen, sondern auch beispielsweise durch Rauchgase sterben können - oder beim Retten anderer Bewohner. Er nannte das Beispiel eines Mandanten, der in das brennende Haus zurückgelaufen war, um seinen schlafenden Zimmernachbarn zu retten. Dem Angeklagten sei es mindestens egal gewesen, ob die vier Menschen sterben, sagte der Anwalt.
Die Verteidiger von S. wollen den Fall neu verhandeln lassen. Sie argumentierten, dass es Lücken in der Beweiswürdigung gebe. Beispielsweise sei nicht festgestellt worden, wo der Benzinkanister herkam und wie die Tat sich konkret abgespielt habe. Außerdem verwiesen sie darauf, dass der Angeklagte mit seinem "von Reue geprägten" Teilgeständnis erheblich zur Aufklärung beigetragen habe.
Dabei spiele auch der Erziehungsgedanke eine Rolle, argumentierte die Verteidigung. Der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer verwies allerdings darauf, dass dieser Gedanke mit dem zunehmenden Alter von Angeklagten an Bedeutung verliere. S. war bei seiner Verurteilung bereits 52.
Die Vertreter der Bundesanwaltschaft, die den Koblenzer Prozess betreuten, hatten zwar Revision eingelegt. Der für die Revision zuständige Vertreter der Karlsruher Behörde beantragte vor dem BGH allerdings, diese zu verwerfen. Er sah nach Überprüfung der Lage keine Rechtsfehler in dem Koblenzer Urteil. Die Entscheidung des BGH soll am 23. Januar verkündet werden.
D.Vasquez--LGdM