Vor Rentendebatte im Bundestag: SPD wirft FDP "Bruch des Koalitionsvertrags" vor
Das Rentenpaket aus dem Haus von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) sorgt für Streit in der Koalition: Die FDP will wegen der befürchteten Kosten massive Änderungen an der Vorlage durchsetzen, über die am Freitag erstmals der Bundestag berät. Die SPD reagierte am Donnerstag verärgert: Dies sei "ein Bruch des Koalitionsvertrags", den die SPD-Fraktion nicht akzeptieren werde, sagte der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rosemann.
Die Forderungen der Liberalen nach einer Ausweitung der Aktienrente seien "eine Rentenkürzung durch die Hintertür", sagte Rosemann der Nachrichtenagentur AFP. Die FDP wolle "jetzt die Renten kürzen, um Beitragsmittel am Kapitalmarkt anzulegen, damit die Renten dann langfristig wieder steigen." Bei der geplanten Reform gehe es hingegen darum, "die Rente zukunftsfest zu machen, indem das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent festgeschrieben wird und die Renten auch weiterhin mit den Löhnen steigen".
FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer forderte Änderungen an Heils Vorlage - wegen der "wirtschaftlichen Lage und der bereits hohen Belastung der arbeitenden Bevölkerung", wie er der Nachrichtenagentur AFP sagte. Das Rentenpaket enthalte "Teile, über die noch intensiv gesprochen werden muss, und das wird in den regulären parlamentarischen Beratungen geschehen". Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel zeigte sich in den Sendern RTL und ntv skeptisch, ob die Reform überhaupt noch dieses Jahr verabschiedet werden kann.
Der Gesetzentwurf von SPD-Sozialminister Heil sieht auch einen behutsamen Einstieg in eine aktiengestützte Säule der Rentenversicherung vor - das so genannte Generationenkapital, mit dem die FDP ein Wahlkampfversprechen umsetzen will. Vorgesehen ist, dass der Bund dafür dieses Jahr zwölf Milliarden Euro als Darlehen zur Verfügung stellt. In den folgenden Jahren sollen die Mittel dafür steigen. Die Dividenden aus dem angelegten Kapital sollen dann später zur Finanzierung der Rentenzahlungen verwendet werden.
Die FDP hatte ursprünglich eine Aktienrente mit deutlich größerem Volumen gewünscht. Sie konnte sich in der Koalition aber nicht durchsetzen. FDP-Haushälter Meyer begrüßte aber, dass mit dem Generationenkapital der Einstieg in eine Kapitalmarkt-Säule für die Rentenversicherung geschafft werde: "Wir stärken die private Vorsorge und die Aktienkultur, das ist ein Erfolg der FDP", sagte er zu AFP.
Die Gewerkschaften übten scharfe Kritik an der FDP und warnten vor einer Blockade der Rentenreform. "Wenn die vergangenen Wahlen die FDP eines lehren, dann das: Für Klientelpolitik mit einer Umverteilung von unten nach oben gibt es aktuell keine Mehrheiten", erklärte DGB-Vorstandmitglied Anja Piel. Es belaste die Beschäftigten einseitig, wenn von ihnen verlangt werde, "dass sie ihre Rente mit mehr privater Vorsorge inklusive Zockerei an den Börsen aufbessern".
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte eine Erhöhung des Rentenniveaus noch über die von Heil geplanten 48 Prozent hinaus. "Auf mittlere Sicht ist eine Anhebung auf mehr als 50 Prozent erforderlich, um Altersarmut auch dauerhaft einzudämmen", erklärte der Vorsitzende Frank Werneke.
Der Bundesrechnungshof hatte kürzlich nach "Spiegel"-Informationen in einem internen Gutachten vor "enormen Ausgabensteigerungen der Rentenversicherung" gewarnt, sollte das Rentenpaket in der aktuellen Fassung umgesetzt werden. Bis zum Jahr 2045 summierten sich die zusätzlichen Ausgaben der Alterskasse demnach auf 507 Milliarden Euro. Dies würde eine kräftige Erhöhung der Beitragssätze nach sich ziehen.
Heils Ministerium hält die Betragserhöhungen allerdings für verkraftbar: Die Reform werde "ab dem Jahr 2028 zu einer stärkeren, aber vertretbaren Erhöhung des Beitragssatzes" führen, heißt es in dem Gesetzentwurf. Bis zum Jahr 2045 werde er auf 22,7 Prozent steigen; die erwarteten Einnahmen aus dem Generationenkapital könnten ihn auf 22,3 Prozent drücken. Derzeit liegt der Rentenbeitrag, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, bei 18,6 Prozent.
P.Gomez--LGdM