EU-Parlament billigt Ukraine-Hilfen aus russischem Vermögen
Ein neues EU-Darlehen für die Ukraine von bis zu 35 Milliarden Euro hat eine wichtige Hürde genommen. Das Europaparlament billigte das Paket am Dienstag in Straßburg mit großer Mehrheit. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sprach von einem "historischen Votum" und einer "starken Botschaft", dass Russland als Angreifer für die Schäden in der Ukraine aufkommen müsse. Zins und Tilgung des Darlehens sollen durch die Erlöse aus eingefrorenem russischen Vermögen finanziert werden.
Für das neue Hilfspaket stimmten 518 Abgeordnete, dagegen votierten 56, bei 61 Enthaltungen. Gegen die Ukraine-Hilfen sprachen sich unter anderem Parlamentarier der AfD und des Bündnisses Sarah Wagenknecht (BSW) aus. Die Mittel sollen im kommenden Jahr ausgezahlt werden und den dringendsten Finanzbedarf der Ukraine im russischen Angriffskrieg decken.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb im Onlinedienst X, Russland werde nun für das "Chaos" zur Kasse gebeten, das es in der Ukraine angerichtet habe.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die EU ursprünglich aufgerufen, das eingefrorene russische Vermögen von rund 280 Milliarden Euro vollständig für die Ukraine zu beschlagnahmen. Davor schreckten die Europäer aber aus Furcht vor Klagen zurück, stattdessen nutzt die EU die Zinserträge von bis zu drei Milliarden Euro jährlich. Dennoch sprach Kreml-Chef Wladimir Putin zuletzt von "Diebstahl".
Die neuen Hilfen müssen formell noch von den Mitgliedsländern gebilligt werden, die am 9. Oktober bereits grünes Licht gegeben hatten. Die zugrunde liegende Verordnung soll bis Ende Oktober in Kraft treten.
Die EU geht damit in Vorleistung für ein Hilfspaket von insgesamt 50 Milliarden Dollar (rund 45 Milliarden Euro), das die Gruppe sieben wichtiger Industriestaaten (G7) der Ukraine bei einem Gipfel in Italien im Juni zugesagt hatte. Konkrete Zusagen der USA und der anderen Partner erwarten die Europäer am Freitag bei einem G7-Finanzministertreffen in Washington, wie EU-Kommissar Didier Reynders in der Plenardebatte mitteilte.
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), äußerte die Hoffnung, "dass die Vereinigten Staaten bei ihren Verpflichtungen bleiben". In einer Vorabsprache hatten die USA 20 Milliarden Dollar signalisiert, die EU wollte weitere 20 Milliarden beisteuern und Großbritannien, Japan und Kanada für die verbleibenden zehn Milliarden Dollar aufkommen.
Die US-Zusage hatte sich allerdings verzögert, weil in den vergangenen Monaten hinter den Kulissen um die Modalitäten gerungen wurde. Aus Haftungsgründen hatte Washington von der EU verlangt, dass die Zinsgewinne aus russischem Vermögen für drei Jahre zur Verfügung stehen müssen und nicht alle sechs Monate verlängert werden, wie unter den EU-Sanktionen vorgesehen. Das Russland-nahe Ungarn verhinderte die Verlängerung jedoch per Veto.
Sollten die USA nun doch wie geplant 20 Milliarden Dollar zu dem G7-Paket beisteuern, könnte die EU ihr Darlehen entsprechend reduzieren, sagte Kommissar Reynders. Die US-Zusage käme kurz vor der Präsidentschaftswahl am 5. November. Der republikanische Kandidat Donald Trump hat bereits signalisiert, dass er die Ukraine im Fall eines Siegs nicht weiter unterstützen will.
Großbritannien kündigte unterdessen an, sich mit 2,26 Milliarden Pfund (umgerechnet rund 2,71 Milliarden Euro) an dem G7-Paket zu beteiligen.
D.F. Felan--LGdM