Georgien: Zehntausende protestieren vierte Nacht in Folge gegen die Regierung
In Georgien sind erneut zehntausende Menschen in mehreren Städten auf die Straße gegangen, um gegen den Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen durch die Russland-freundliche Regierung zu protestieren. Am Sonntag versammelten sich den vierten Abend in Folge Protestierende vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis und schwenkten die Fahnen Georgiens und der EU. Einige Demonstranten schlugen an die Metalltür am Eingang, andere warfen Feuerwerkskörper und Steine auf Polizisten.
Manche Demonstranten trugen Taucherbrillen, um sich vor Tränengas zu schützen. Die Polizei setzte erneut Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein, konnte die Menschenmenge zunächst jedoch nicht auseinandertreiben.
Später in der Nacht rückten Bereitschaftspolizisten in voller Schutzmontur an und setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Demonstration aufzulösen.
Demonstranten, die "Fuck Russia" riefen, errichteten Barrikaden aus Mülltonnen und zündeten diese an. In der Nähe boten Pfarrer einigen Demonstranten Schutz in einer Kirche.
Der Vorsitzende der Oppositionspartei Vereinigte Nationale Bewegung, Lewan Chabeischwili, sagte Journalisten, rund 15 maskierte Polizisten seien auf ihn losgegangen, um ihn festzunehmen. Mit Hilfe von Demonstranten habe er jedoch entkommen können.
Ähnliche Proteste fanden auch in anderen georgischen Städten statt.
Die massiven Proteste in dem Kaukasusstaat hatten am Donnerstagabend begonnen. Sie richten sich insbesondere gegen den von Regierungschef Irakli Kobachidse angekündigten Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen des Landes bis 2028. Allein in Tiflis gingen jeden Abend tausende Menschen auf die Straße. Proteste gab es auch in anderen Städten.
Am Samstagabend war es in Tiflis zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Polizisten in Schutzausrüstung setzten Gummigeschosse, Tränengas und Wasserwerfer gegen Demonstranten ein, die Eier und Feuerwerkskörper warfen.
Mehr als 150 Demonstranten wurden nach Angaben des Innenministeriums während der Proteste der vergangenen Tage festgenommen. Der Georgische Verband Junger Anwälte sprach von 200 Festnahmen.
Die Lage in der ehemaligen Sowjetrepublik ist seit der Parlamentswahl vom 26. Oktober angespannt. Die Regierungspartei Georgischer Traum hatte laut offiziellem Wahlergebnis eine deutliche Mehrheit errungen. Die Opposition wirft ihr jedoch Wahlbetrug vor und boykottiert das neue Parlament.
Die Opposition und Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili, eine erklärte Gegnerin von Regierungschef Irakli Kobachidse, fordern eine Wiederholung der umstrittenen Parlamentswahl. Dies schloss Kobachidse am Sonntag vor Journalisten aus.
B.Ramirez--LGdM