USA schicken in Ukraine-Konflikt tausende Soldaten nach Osteuropa
Die USA entsenden wegen der Ukraine-Krise tausende Soldaten nach Osteuropa. Wie das Pentagon am Mittwoch mitteilte, sollen 2000 Soldaten vom Stützpunkt Fort Bragg im Bundesstaat North Carolina inbesondere nach Polen verlegt werden, 300 von ihnen aber auch nach Deutschland. 1000 derzeit im bayerischen Vilseck stationierte US-Soldaten werden demnach nach Rumänien entsandt. Moskau verurteilte die Entsendung als "destruktiv". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, "in Kürze" nach Moskau reisen zu wollen.
"Die derzeitige Lage macht es erforderlich, dass wir die Abschreckungs- und Verteidigungshaltung an der Ostflanke der Nato stärken", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Präsident Joe Biden habe klargemacht, dass die USA auf die "wachsende Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität Europas antworten" würden.
Kirby betonte zugleich, dass es sich nicht um "dauerhafte" Truppenverlegungen handle. "Außerdem werden diese Soldaten nicht in der Ukraine kämpfen", betonte er.
Russland kritisierte die US-Entscheidung. "Es sind destruktive Schritte, welche die militärischen Spannungen erhöhen und den Spielraum für politische Entscheidungen verringern", sagte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko der Nachrichtenagentur Interfax.
Die Bundesregierung wertete die US-Ankündigung "als klares Zeichen der Solidarität", wie eine Regierungssprecherin erklärte. In einem Interview mit dem ZDF-"heute Journal" kündigte Kanzler Scholz ein baldiges Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau an. Er "werde in Kürze in Moskau weitersprechen über die Fragen, die da notwendig sind".
Russland hat in den vergangenen Wochen nach westlichen Angaben mehr als 100.000 Soldaten samt schwerem Gerät an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Westen befürchtet deshalb einen russischen Angriff auf das Nachbarland. Russland weist die Vorwürfe zurück und gibt zugleich an, sich von der Nato bedroht zu fühlen.
Der russische Staatschef Wladimir Putin hat dem Westen weitreichende Forderungen vorgelegt. Unter anderem verlangt er einen Verzicht der Nato auf eine weitere Osterweiterung und den Abzug von Truppen des Bündnisses aus den Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre.
Unterstützt würden die russischen Forderungen von China, sagte am Mittwoch Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow in Moskau. Bei einem Treffen am Freitag in Peking anlässlich der Eröffnung der Olympischen Winterspiele wollen Putin und sein chinesischer Kollege Xi Jinping demnach ihre "gemeinsame Vision" zur internationalen Sicherheitspolitik darlegen.
Die USA und die Nato hatten Ende Januar schriftlich auf den russischen Forderungskatalog geantwortet. Die spanische Zeitung "El País" veröffentlichte am Mittwoch die eigentlich geheim gehaltenen Antworten Washingtons und der Nato an Moskau. In ihren Schreiben schließen demnach beide einen schriftlichen Verzicht auf eine weitere Nato-Osterweiterung kategorisch aus.
Möglich seien aber etwa "wechselseitige Verpflichtungen der Vereinigten Staaten und Russlands zum Verzicht auf die Verlegung von landgestützten Offensivraketensystemen sowie auf die Stationierung von Kampftruppen im ukrainischen Staatsgebiet", wie "El País" aus dem US-Schreiben zitiert. Die USA bestätigten die Echtheit der Dokumente.
Die Krisendiplomatie im Ukraine-Konflikt läuft inzwischen seit fast einem Monat, ein Durchbruch zeichnet sich bislang aber nicht ab. Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine besuchten in den vergangenen Tagen mehrere Vertreter von Nato-Staaten das Land. Einen Tag nach dem Besuch von Großbritanniens Premierminister Boris Johnson in Kiew kam am Mittwoch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in der ukrainischen Hauptstadt mit Präsident Wolodymyr Selenskyj zusammen.
Selenskyj sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Rutte, die Ukraine sei auf nichts anderes als "auf Frieden" fokussiert. Sein Land habe aber das Recht, sich zu verteidigen. Am Donnerstag empfängt Selenskyj den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan, der sich vor kurzem als Vermittler in dem Konflikt angeboten hatte.
Westliche Regierungsvertreter führten in den vergangenen Tagen auch Telefonate mit Putin, in denen sie den Kreml-Chef zur "Deeskalation" aufriefen. Am Mittwoch sprach der britische Premier Boris Johnson mit Putin. Beide seien sich einig gewesen, dass eine "friedliche Lösung" des Konflikts gefunden werden müsse, erklärte Downing Street nach dem Telefonat. Von russischer Seite hieß es, Putin habe die "mangelnde Bereitschaft" der Nato angesprochen, auf Russlands Sicherheitssorgen einzugehen.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron kündigte am Mittwochabend an, er werde "in den kommenden Stunden" mit Biden telefonieren. Auch eine Reise nach Russland schloss er nicht aus.
Bidens Sprecherin Jen Psaki sagte unterdessen, sie werde einen russischen Einmarsch nicht mehr als womöglich "unmittelbar bevorstehend" bezeichnen. Ein Angriff könne aber gleichwohl "jederzeit" erfolgen. Der Begriff "unmittelbar bevorstehend" hatte vergangene Woche für Irritationen in der Ukraine gesorgt, weil er suggeriere, "dass wir wissen, dass Putin eine Entscheidung (über einen Einmarsch) getroffen hat", erläuterte Psaki.
Y.A. Ibarra--LGdM