Sicherheitskräfte bereiten sich in Frankreich erneut auf Ausschreitungen vor
Angesichts der zunehmenden Gewalt bei den jüngsten Demonstrationen bereiten sich die Sicherheitskräfte in Frankreich am zehnten Aktionstag gegen die Rentenreform auf mögliche Ausschreitungen vor. Etwa 13.000 Sicherheitskräfte sollen am Dienstag landesweit im Einsatz sein, davon 5500 in Paris. Dies sei ein "nie dagewesenes Sicherheitsaufgebot", sagte Innenminister Gérald Darmanin.
Am zehnten großen Streik- und Protesttag seit Jahresbeginn fielen erneut zahlreiche Transportmittel aus. Im westfranzösischen Lorient blockierten Demonstranten Eisenbahngleise mit brennenden Barrikaden.
Wegen des anhaltenden Streiks in den Raffinerien und Treibstoffdepots haben mittlerweile 15 Prozent der Tankstellen nicht mehr alle Sorten im Angebot, sieben Prozent haben gar keinen Treibstoff mehr. Nach Angaben des Bildungsministeriums beteiligten sich gut acht Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an dem Streik. Landesweit gab es an 62 Universitäten und Hochschulen Protestaktionen.
Gewerkschaftschef Laurent Berger forderte die Einsetzung eines Vermittlers und das Aussetzen der Reform. "Wir nehmen uns eineinhalb Monate Zeit und sagen, dass die Anhebung des Rentenalters auf 64 Jahre vorerst nicht umgesetzt wird", schlug er vor. Das wäre eine geeignete "Geste zur Befriedigung", sagte er dem Sender France Inter.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Vorabend bei einem Treffen mit Vertretern seiner Regierungsmehrheit betont, dass er mit den Gewerkschaften wieder ins Gespräch kommen wolle - allerdings nicht über die Kernpunkte der Reform. "Das Rentengesetz liegt hinter uns", sagte Regierungssprecher Olivier Véran. Derzeit befasst sich der Verfassungsrat mit der Reform, seine Entscheidung wird in etwa drei Wochen erwartet.
Die Behörden rechnen landesweit mit bis zu 900.000 Demonstrierenden, darunter bis zu 100.000 in Paris. Der Anteil der jungen Menschen unter den Demonstranten könnte sich nach Schätzungen der Sicherheitskräfte verdoppeln oder verdreifachen - auch als Reaktion auf den Gewalteinsatz der Sicherheitskräfte bei den jüngsten Ausschreitungen.
Der Pariser Präfekt Laurent Nuñez verteidigte das Vorgehen der Polizei. "Wir setzen Gewalt ein, wenn schwarz gekleidete und maskierte Personen anfangen, Geschäfte zu zertrümmern", sagte er. "Wir gehen immer mit Maß vor", betonte er. Von einer Abschaffung der viel kritisierten Motorrad-Einheiten sei nicht die Rede, betonte er.
Am vergangenen Donnerstag waren gut eine Million Menschen auf die Straßen gegangen. Seit der Verabschiedung der Rentenreform vor gut einer Woche richtet sich die Wut vieler Demonstranten gegen das als brutal empfundene Vorgehen der Regierung, die sich dabei auf einen viel kritisierten Verfassungsartikel gestützt hat.
Die jüngsten Ausschreitungen bei Protesten gegen ein umstrittenes Wasserreservoir im Westen Frankreichs haben die Stimmung zudem weiter aufgeheizt. Zwei in Sainte-Soline schwer verletzte Demonstranten schweben noch immer in Lebensgefahr. Die Proteste richten sich gegen ein Vorhaben, das ohnehin knappe Grundwasser für ein Speicherbecken abzupumpen, damit im Sommer die Felder bewässert werden können.
R.Espinoza--LGdM