Gewerkschaft droht der Deutschen Bahn mit "wochenlangen" Streiks
Im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn droht die Eisenbahngewerkschaft EVG mit deutlich heftigeren Streiks als bisher. "Die nächsten Streiks werden länger dauern", sagte Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag. Die EVG könne die Bahn wenn nötig "wochenlang lahmlegen", drohte sie. Bahn-Chef Richard Lutz rief zur "unverzüglichen" Fortsetzung der Verhandlungen auf.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat bereits zwei Angebote der Deutschen Bahn (DB) in dem Tarifkonflikt als unzureichend zurückgewiesen. Am Mittwoch war die dritte Verhandlungsrunde gescheitert. Die Gewerkschaft hatte zuvor bereits Ende März zusammen mit der Gewerkschaft Verdi und am Freitag vergangener Woche den Bahnverkehr für Stunden komplett lahmgelegt.
Ingenschay warf der Deutschen Bahn (DB) erneut vor, ein akzeptables Lohnangebot zu verweigern. "Es ist die Bahn, die die neuen Streiks provoziert", sagte sie der "Süddeutschen". Denkbar sei etwa, dass die Gewerkschaft nacheinander unterschiedliche Berufsgruppen im Wechsel zum Streik aufrufe, etwa Zugbegleiter und Instandhalter, oder unterschiedliche regionale Schwerpunkte setze.
EVG-Chef Martin Burkert bekräftigte gegenüber der "Augsburger Allgemeinen" (Samstagsausgabe): "Die Beschäftigen haben ihren Beitrag in der Pandemie mit einem Abschluss von 1,5 Prozent geleistet, jetzt geht es darum, in der Lohnentwicklung nicht abgehängt zu werden." Vor allem brauche es für die kleinen und mittleren Einkommen ein deutliches Plus. Deshalb fordere die EVG auch monatlich 650 Euro brutto mehr. Sie verlangt eine Laufzeit von zwölf Monaten.
Die Bahn müsse im Zuge der Verkehrswende angesichts des Personalmangels als Arbeitgeber attraktiv werden, argumentierte Burkert. Der Fachkräftemangel sei eine der größten Herausforderungen für Deutschland, das gelte auch für die Eisenbahnen und die Busbranche. Ein Faktor seien gute Löhne, "daran arbeiten wir derzeit in den Tarifverhandlungen", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".
Ingenschay und Co-Verhandlungsführer Kristian Loroch bekräftigten in der "Süddeutschen" außerdem, die Bahn müsse vorab zustimmen, den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro im Tarifvertrag als Basis festzuschreiben, auf dem die Forderungen aufsetzen. Laut EVG profitieren rund 2500 Beschäftigte direkt von der Mindestlohnerhöhung. Nach Vorstellung der Bahn würden sie darüber hinaus kaum von der angebotenen Gehaltserhöhung profitieren.
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hatte zuletzt ein Angebot vorgelegt, das sich am Tarifabschluss für den Öffentlichen Dienst orientiert: In diesem Jahr soll es eine steuerfreie Inflationsprämie von 2850 Euro geben, im März 2024 fünf Prozent mehr Lohn und ab August 2024 weitere fünf Prozent mehr für untere und mittlere Einkommen. Die Laufzeit soll 27 Monate betragen.
Bahn-Chef Richard Lutz sagte am Donnerstagabend vor Journalisten in Berlin, dies sei das höchste Angebot in der Geschichte des Unternehmens. Damit habe sich der Konzern "einen riesigen Schritt auf die Gewerkschaft zubewegt".
Lutz kritisierte die "Verweigerungshaltung" der Gewerkschaft als "weder sinnvoll noch nachvollziehbar". Die Beschäftigten warteten auf Geld, die Fahrgäste erwarteten Lösungen - "zu Recht". Er forderte die EVG auf, die Verhandlungen unverzüglich fortzusetzen. Regulärer Termin für die nächste Runde ist Ende Mai.
T.Salinas--LGdM