Geteiltes Echo auf SPD-Vorstoß zu Abschaffung von Ehegattensplitting
Der Vorstoß von SPD-Chef Lars Klingbeil zur Abschaffung des Ehegattensplittings ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Grüne und Linke befürworteten den Vorschlag am Montag. Widerspruch kam von Koalitionspartner FDP, der von der "Mogelpackung des Jahres" sprach. Auch das Bundesfinanzministerium erteilte den Plänen eine Absage.
Klingbeil hatte in der Debatte über Einschnitte beim Elterngeld als Alternative die schnelle Abschaffung der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting für alle neuen Ehen gefordert. "Ich bin dafür, dass höhere Einkommen mehr schultern und mehr Verantwortung tragen", sagte der SPD-Vorsitzende dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Aber Verteilungsfragen klärt man über die Steuerpolitik, nicht über das Elterngeld", fügte er hinzu.
Durch eine Abschaffung des Ehegattensplittings "würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen", sagte Klingbeil. "Das Elterngeld ist keine Sozialleistung, es soll dazu motivieren, dass auch Männer mehr Verantwortung in der Familie übernehmen." Ohne Elterngeld werde wohl wieder die Frau zu Hause bleiben, weil der Mann häufig mehr Geld bekomme. "Das ist ein Rückschritt für die Gleichberechtigung", sagte Klingbeil.
Hintergrund der Debatte sind Pläne, die Einkommensgrenze für Paare für den Bezug von Elterngeld von derzeit 300.000 Euro auf 150.000 Euro abzusenken. Mit der Reform will Familienministerin Lisa Paus (Grüne) Sparvorgaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) umsetzen.
Auch DGB und Linke lehnen Einschnitte beim Elterngeld ab und stellten sich hinter Klingbeils Vorschlag. "Wer die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben und die partnerschaftliche Verteilung von Familienarbeit fördern will, kann das Ehegattensplitting nicht unangetastet lassen", erklärte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.
Es sei "richtig, das Ehegattensplitting zu streichen - anstatt das Elterngeld zu kappen", erklärte auch der Linken-Abgeordnete Christian Görke. Dadurch würde etwas für die Gleichstellung getan und noch dazu erheblicher Spielraum im Haushalt geschaffen.
Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte in Berlin, ihre Partei fordere schon lange eine Abschaffung des Ehegattensplittings. Im Rahmen des Koalitionsvertrags habe sich die "Ampel" aber nicht darauf verständigen können. Lang verwies mit Blick auf das Elterngeld auf die Sparvorgaben Lindners. Wenn sich die Koalitionspartner einig seien, dass es falsch sei, bei Familien zu sparen und andererseits wichtig sei, Gerechtigkeit walten zu lassen, seien die Grünen für die Debatte über Klingbeils Vorschlag offen.
Die FDP erteilte der Abschaffung des Ehegattensplittings hingegen eine Absage. Klingbeils Forderung "nach Steuererhöhungen und deren Tarnung als Einsatz für die Gleichberechtigung ist die Mogelpackung des Jahres", sagte der FDP-Abgeordnete Markus Herbrand der "Süddeutschen Zeitung". "Eine Abschaffung des Ehegattensplittings würde niemandem helfen, sondern hätte nur mehr Bürokratie und höhere Belastungen für Familien zur Folge."
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums verwies auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform der Steuerklassen drei und fünf. Eine Abschaffung des Ehegattensplittings könne aus dem Koalitionsvertrag hingegen "nicht abgeleitet werden".
Eine Abschaffung des Ehegattensplittings "wäre eine gigantische Mehrbelastung für die Mitte der Gesellschaft", hieß es aus Ministeriumskreisen. Dies würde Familien und Paare mit rund 25 Milliarden Euro zusätzlich im Jahr belasten. "Das wäre eine Steuererhöhung, die durch den Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien klar ausgeschlossen ist."
Kritik kam auch vom Bund der Steuerzahler. "Wieder einmal soll das Ehegattensplitting abgeschafft werden, um notwendiges Sparen im Bundeshaushalt zu vermeiden", sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel der "Rheinischen Post". "Mit der Abschaffung würde man ein verfassungsrechtliches Risiko eingehen – und gleichzeitig würde die Entscheidungsfreiheit von vielen Familien eingeschränkt."
Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verwies auf verfassungsrechtliche Hürden. "Als mögliche Reform steht aus verfassungsrechtlichen Gründen nur eine Begrenzung des Ehegattensplittings zur Verfügung und keine vollständige Abschaffung", sagte der IW-Steuerexperte Martin Beznoska der "Rheinischen Post".
U.Romero--LGdM